Leßmann, Kai
Wie mach ich das nur mit der Steuer?
Ein fiktives Interview zu grundlegenden Steuerfragen freiberuflicher Instrumentallehrkräfte (Teil 1)
Bob Franklin möchte als freiberuflicher Instrumentallehrer und Musiker tätig werden und weiß, dass er sich vorab mit Steuerfragen beschäftigen muss. Von einem Bekannten hat er bereits etliche Horrorgeschichten über das Finanzamt gehört und auch die Internetrecherchen sind zum Erliegen gekommen. Der Weg zum Steuerberater ist ihm zu teuer, da er ohnehin schon nicht viel verdient. Um mehr zu erfahren, entschließt er sich, bei seinem zuständigen Finanzamt anzurufen, welches er über Internetrecherchen gefunden hat1 und wo er mit der „Existenzgründungsberatung“2 verbunden wurde.
Bob: Guten Tag, mein Name ist Franklin. Ich möchte mich hinsichtlich einer geplanten Selbstständigkeit informieren.
Existenzgründungsberaterin: Guten Tag, Herr Franklin, da sind Sie bei mir vollkommen richtig. Hervorragend, dass Sie sich informieren wollen, weil viele Pflichten mit einer Selbstständigkeit einhergehen. Vorab informiere ich Sie davon, dass Sie innerhalb eines Monats nach Aufnahme einer Selbstständigkeit diese Ihrem zuständigen Finanzamt anzeigen müssen.3
Können Sie mir sagen, was ich nun konkret machen muss? Und was ist, wenn ich die Meldung vergessen hätte?
Dann sollten Sie die Meldung schnellstmöglich nachholen. Konkret müssen Sie den sogenannten „Fragebogen der steuerlichen Erfassung“ ausfüllen und dem Finanzamt unterschrieben per Post, Einwurf, Fax oder E-Mail zukommen lassen. Wir müssten aber zuvor klären, inwiefern Sie selbstständig tätig werden wollen. Erzählen Sie mir doch bitte davon!
Ich möchte gerne als freiberuflicher Instrumentallehrer tätig werden und hin und wieder Konzerte geben.
Wollen Sie alleine oder mit anderen Leuten zusammen konzertieren? Und wollen Sie weitere Instrumentallehrkräfte beschäftigen?
Das würde ich mir gerne offenhalten. Ich bin noch nicht so sicher. Zunächst möchte ich das alleine machen.
Sowohl unterrichtende Tätigkeiten als auch künstlerische Tätigkeiten stellen freiberufliche Tätigkeiten im Steuerrecht dar.4 Das ist gut für Sie, weil keine Gewerbesteuer anfällt und damit auch keine Gewerbeanmeldung bei der Stadt zu erfolgen hat. Jede Tätigkeit, die Sie ausführen wollen, stellt im Ertragssteuerrecht (Einkommensteuer) eine eigenständige Tätigkeit dar, also das Unterrichten und die Konzertauftritte. Umsatzsteuerrechtlich kann jede Person nur einmal Unternehmer sein.5 Wie Sie merken gibt es also einen Unterschied zwischen Ertragssteuer und Umsatzsteuer, was sehr wichtig für das Verständnis ist. Wenn Sie jetzt gemeinsam mit anderen Personen einen gemeinschaftlichen Zweck wie „Unterrichten“ oder „Konzertauftritte“ verfolgen, gründen Sie zivilrechtlich eine „Gesellschaft Bürgerlichen Rechts“.6
Das heißt, wenn ich mit einem Freund zusammen Konzerte geben möchte und davon unabhängig auch mit einer anderen Freundin, bilden sich zwei Gesellschaften?
Das ist korrekt. Dabei ist jede Gesellschaft für sich zu betrachten und Sie als Einzelunternehmer ebenso.
Das hört sich alles sehr kompliziert an, vor allem weiß ich immer noch nicht genau, was das jetzt konkret für mich bedeutet.
Steuerrecht ist leider kompliziert, deswegen ist die Hinzunahme einer steuerlichen Beratung zu empfehlen. Das Finanzamt darf Sie nicht beraten. Gerne können wir aber mal einige Punkte durchgehen. Am besten rufen Sie den von Ihnen einzureichenden „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung – Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit“7 auf und wir besprechen ihn gemeinsam.
Sehr gerne, vielen Dank. Für die Gesellschaften, die ich eventuell gründe, muss ich den genannten Fragebogen auch ausfüllen?
Für Personengesellschaften gibt es den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung – Gründung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft“ und der ist sehr ähnlich. Daher gehen wir erstmal den Fragebogen für Ihre Einzeltätigkeiten durch und kommen später auf den für die Personengesellschaft zu sprechen. Zu Anfang müssen lediglich allgemeine Angaben zur Person und zum Betrieb der freiberuflichen Tätigkeit eingetragen werden wie z. B. Anschrift des Betriebs oder Gründungsform – in Ihrem Fall Neugründung. Den Beginn der Tätigkeit stellt bereits eine Vorbereitungshandlung dar, beispielsweise auch unser Telefonat. Die Kosten für Vorbereitungshandlungen sind dabei auch als Betriebsausgaben abzugsfähig – dazu aber später mehr.
Die erste konkrete Auswirkung für Sie hat die Angabe über die Höhe der voraussichtlichen Einkünfte. Es sollte hier so realistisch wie möglich und ohne Euphorie geschätzt werden, denn in Abhängigkeit zur Höhe der Einkünfte sind eventuell Einkommensteuervorauszahlungen festzusetzen, die dann je Quartal zu zahlen wären.8
1 www.bzst.de/DE/Service/Behoerdenwegweiser/ Finanzamtsuche/GemFa/finanzamtsuche_node.html (Stand: 23.8.2020).
2 Hier NRW, abhängig vom Bundesland – telefonisches Nachfragen empfohlen.
3 § 138 Abgabenordnung (AO); die Meldung muss in der Regel elektronisch erfolgen. Mangels Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) wird eine telefonische Klärung mit dem Finanzamt empfohlen.
4 § 18 I Nr. 1 Ertragssteuergesetz (EStG).
5 § 2 Umsatzsteuergesetz (UStG).
6 §§ 705 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
7 www.formulare-bfinv.de oder im Konto auf www.elster.de (Stand: 23.8.2020).
8 § 37 EStG.
Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2020.