Pieper, Daniela
Wikinger Concertino
für Viola und Klavier in der ersten Lage
Um das Wichtigste vorwegzunehmen: Mit „echten“ Wikingern hat dieses hübsche Concertino für AnfängerInnen so viel zu tun wie der Soundtrack zu Gladiator mit dem Alten Rom; Titel und Aufmachung spannen einen lediglich assoziativen Rahmen, der der Musik eine inhaltliche Richtung verleihen soll, die sie von selbst gar nicht hat. Auf dem Titel prangt die Kinderzeichnung eines zähnefletschenden Kämpfers mit Schwert und wildem Helm (Drachenboot inklusive), und die drei Sätze tragen unverbindliche programmatische Überschriften: „Erik, der kleine Wikinger“ (wie anders könnte der auch heißen?), „Einsamkeit – Runentanz“ und „Auf Raubzug“. Inhaltlich bleibt das jedoch vage: Es gibt weder erkennbare „wikingerische“ Elemente noch die Andeutung einer Geschichte…
Wer sich an derlei Äußerlichkeiten nicht stört, findet hier jedoch ein liebevoll und geschickt gemachtes Vortragsstück für das erste oder zweite Lehrjahr, das mit sehr beschränkten Mitteln ebenso effektiv wie effektvoll arbeitet. Der Solo-Part bewegt sich konsequent in der ersten Lage, deckt dabei aber eine äußerst abwechslungsreiche Palette von Ausdrucksformen und Spieltechniken ab: Die simplen, eingängigen Melodien erscheinen mal im tiefen, mal im hohen Register, es gibt kantable Legato- und rhythmische Spiccato-Passagen, eine genau abgestufte Dynamik, Pizzikati (auch à la Bartók) und sogar ein paar Arpeggien und Doppelgriffe.
Die Tonarten wandern von F-Dur über g-Moll nach a-Moll, und selbst ein leicht exotisches f-Moll wird gestreift, ohne dass es jemals schwer oder unübersichtlich würde. Das Ganze bleibt immer spielerisch und macht durchgehend Spaß. Gleiches gilt auch für den Klavierpart, der ebenfalls bewusst leicht gehalten ist, sodass sich das Stück besonders zum Zusammenspiel eignet (und auch die hauptamtliche Viola-Lehrkraft nicht vor unlösbare Aufgaben stellt).
Die Edition ist im Druckbild hervorragend und satztechnisch ohne erkennbare Fehler. Partitur und Solo-Stimme entsprechen einander bis ins Detail. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass der allererste Auftakt zu Beginn bereits als Takt 1 gezählt wird, was beim gemeinsamen Arbeiten zunächst für Verwirrung sorgen kann.
Einziges wirkliches Manko bleibt dagegen die Aufteilung der (vierseitigen) Solo-Stimme: Obwohl der dritte Satz als einziger zwei Seiten braucht, ist er nicht etwa auf eine der beiden Doppelseiten gedruckt, sondern umseitig auf die Seiten 3 und 4, weshalb man mitten im Stück blättern müsste (was aber leider unmöglich ist). Eine zusätzliche Kopie ist hier also unumgänglich – angesichts der Vehemenz, mit der die Verlage mitunter die Ungesetzlichkeit jeglicher kopierter Noten proklamieren, ein eher verwunderlicher Umstand.
Joachim Schwarz