Behschnitt, Rüdiger

„Wir haben unsere eigenen Standards erhöht“

Interview mit Mario Müller, Vorsitzender des ­Bundesverbands deutscher Privatmusikschulen, über die neue Verbandsstruktur

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 3/2016 , Seite 38

Lieber Mario Müller, auf dem Bundeskongress des bdpm Ende März in Hannover hat Ihr Verband beschlossen, sich umzubenennen in Bundesverband der freien Musikschu­len (bdfm). Was versprechen Sie sich von diesem neuen Namen?
Die Musikschulen im bdpm sind schon seit Längerem nicht mehr alle „privat“. Viele unserer Schulen sind GmbHs, gGmbHs oder eingetragene Vereine (e. V.). Der alte Name spiegelt also nicht mehr das wieder, was wir wirklich sind. Außerdem ist die Bezeichnung „freie Trägerschaft“ die klare Abgrenzung zum Begriff „kommunale Trägerschaft“. Diese Bezeichnungen haben sich zum Beispiel in der Theaterszene ebenfalls etabliert. Bis zur offiziellen Umbenennung wird es jedoch noch etwas dauern. Wir werden den neuen Namen ab September offiziell nutzen.

Ihr Verband bekommt jedoch nicht nur einen neuen Namen, sondern auch neue Mitglieder: Der Europäische Klavier-, Keyboard- und Orgellehrerverband e. V. (EKOL) hat seine Jahreshauptversammlung diesmal im Rahmen des bdpm-Bundeskongresses abgehalten und dort beschlossen, sich aufzulösen und dem bdpm beizutreten. Im EKOL sind jedoch viele Lehrkräfte organisiert, die gar keine Musikschule betreiben oder an Mu­sikschulen außerhalb des bdpm, etwa beim VdM, unterrichten. Wie wird also die Verschmelzung der beiden Verbände konkret vollzogen?
Es ist richtig, dass sich der EKOL leider in Auflösung befindet. Die Mitglieder des EKOL haben jedoch meist auch eine Musikschule und nur wenige sind einzelne Freiberufler bzw. an VdM-Musikschulen tätig. Der bdpm hat nun angeboten, für viele EKOL-Mitglieder eine neue Heimat zu sein. Die Musikschulen, die bisher nur EKOL-Mitglieder sind, können nun einen Aufnahmeantrag in den bdpm stellen. Vereinzelte Freiberufler können Fördermitglied des bdpm werden, eine Möglichkeit, die auch jetzt schon einige Musikliebhaber nutzen, die die Ziele des bdpm unterstützen möchten. Der bdpm wird nun einen Arbeitskreis „Elektronische Tasteninstrumente“ einrichten, in dem die Ziele des EKOL teilweise weiterverfolgt werden. Auch das gemeinsame Projekt „Keys and Bands“ kann somit in diesem Arbeitskreis weiterentwickelt werden. Wir haben auf unserem Kongress in Hannover gesehen, dass die technische Entwicklung immer weiter fortschreitet, sodass ich einen solchen Arbeitskreis auch für die Zukunft des bdpm für sehr sinnvoll halte.

Die wohl wichtigste Neuerung betrifft allerdings die neu ausgerichtete Mitgliederstruktur des bdpm. Der Verband hat beschlossen, künftig alle freien Musikschulen aufzunehmen. Auf welche Weise wird der bdpm dann seinen Qualitätsanspruch aufrechterhalten können?
Die Mitgliederstruktur ist überhaupt nicht neu. In den bdpm konnten schon immer Musikschulen eintreten, die unsere Zertifizierungsbedingungen nicht erfüllen. Wir haben nun jedoch die Begrifflichkeit innerhalb des Verbands neu geklärt. Der bdpm hat es sich zur Aufgabe gemacht, die freie Musikschullandschaft mitzugestalten und so in diesem Bereich auch die Qualitätsstandards weiter in die Schulen zu tragen. Das neue bdpm-Zer­tifikat „Zertifizierte Musikschule im bdpm“ erfüllt alle Voraussetzungen, um zum einen eine Umsatzsteuerbefreiung zu erlangen und zum anderen mit allgemein bildenden Schulen oder Kitas zusammenzuarbeiten. Wir haben unsere eigenen Standards erhöht und nun auch eine Kontrolle unserer „Zertifizierten Musikschulen im bdpm“ alle vier Jahre eingeführt. Wir versprechen uns für die Zukunft, dass wir bestehenden Musikschulen auf dem Weg zur Zertifizierung durch unsere Akademie und Beratung helfen können, denn nach wie vor ist es so, dass nur „Zertifizierte Musikschulen im bdpm“ mit dem bdpm werben dürfen. Nach außen bleibt also eine ganz klare Trennung zwischen Mitgliedern mit und ohne Zertifikat erkennbar.

Ein sehr starkes Argument in Ihrer neuen Vorgehensweise ist sicherlich die Umsatzsteuerbefreiung, die nur die zertifizierten bdpm-Musikschulen erhalten. Ist dieses Vor­gehen mit den Finanzbehörden aller Länder abgestimmt?
Wir haben die neue Zertifizierung ganz klar nach den Richtlinien der Umsatzsteuerbefreiung entwickelt. In der Bezirksregierung Köln läuft nun ein Pilotprojekt, wo das bdpm-Zertifikat bereits als Grundlage genutzt wird. Es ist nun die Aufgabe des bdpm, zusammen mit den bdpm-Landesverbänden dies in den einzelnen Bundesländern zu installieren. Ich denke aber, dass wir hier auf einem guten Weg sind.

Welche mittelfristigen Ziele hat sich der Bun­desvorstand des bdpm gesteckt? Wo sehen Sie den bdfm, wie er dann ja heißen wird, in vier Jahren?
Der bdpm wird im Jahr 2017 zwanzig Jahre alt und ist, wie ich finde, erwachsen geworden. Unsere politische Forderung nach Teilhabegerechtigkeit, das heißt die Gleichstellung sozial benachteiligter Kinder und Jugend­licher, werden wir weiter verfolgen und hoffentlich in den nächsten Jahren zu einem positiven Ergebnis bringen. Die Kommunen werden in Zukunft freie Musikschulen als Kooperationspartner benötigen, wofür wir heute schon den Grundstein durch unser neues Zertifikat gelegt haben. Alles in allem wird der bdpm ein verlässlicher Partner für andere Verbände und Kommunen sein, sodass wir hoffentlich bald wieder ein flächendeckendes Netz aus qualifizierten Musikschulen in Deutschland haben werden und jedes Kind, welches Musikunterricht haben möchte, Unterricht bekommt, egal was der Geldbeutel der Eltern hergibt.

Lesen Sie weitere Beiträge in Ausgabe 3/2016.