Heißenbüttel, Dietrich

„Wir machen keine Trommelkurse“

In seiner Academy of the Creative Arts unterrichtet Tanka Fonta Theorie und Praxis des Musizierens auf afrikanische Art

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 6/2015 , Seite 40

„Wenn andere nur einen Rhythmus hören, bewege ich mich durch eine Landschaft“, sagt Tanka Fonta, der heute in Berlin lebt und aus Bamenda, der Hauptstadt der Nordwestprovinz Kameruns stammt. Schon als Kind hat er die musikalischen Traditionen dieser Region in sich aufgesogen. Nicht von seinen Eltern, die Christen waren; auch nicht von seinen Lehrern in der Schule: von Mitschülerinnen und Mitschülern. Nach Ethnien getrennt studierten sie Musikstücke und Tänze für Aufführungen ein, unter anderem am Unabhängigkeitstag. Die Jüngeren lernten von den Älteren. Fonta war als Einziger überall dabei und eignete sich auf diese Weise ein breites Grundwissen über eine Vielzahl musikalischer Überlieferungen an. Wenn er nun eine bestimmte Klangstruktur wahrnimmt, sieht er sich vor seinem inneren Auge sofort in eine bestimmte Umgebung versetzt. Auf diese Weise funktionierte einst die münd­liche Überlieferung der Geschichtenerzähler, ergänzt er, die über Hörbilder Erinnerungen an Ereignisse bewahrten, die zum Teil Jahrhunderte zurücklagen.
Fonta beginnt seine dreitägigen Workshops, indem er etwas über die Hintergründe zent­ralafrikanischer Musikkultur erzählt: über Philosophie und Ästhetik, über Bedeutung und Wirkungsweise der mündlichen Überlieferung. Um sogleich seine Erläuterungen mit praktischen Beispielen zu untermalen. Er intoniert ein rhythmisches Motiv auf der Gitarre oder einer Trommel, das, wie er sagt, in seinen Zuhörern eine Resonanz auslöst. Sie haben den Wunsch zu antworten, etwas hinzuzufügen, sind sich jedoch oft nicht sicher. Sie haben gelernt, nach Noten zu spielen, die sie korrekt wiedergeben müssen.
Über englische Choräle des 16. und 17. Jahrhunderts kam Fonta erstmals in der weiterführenden Schule mit Notation in Kontakt. Später in Kanada, wo er von 1993 bis 2003 gelebt hat, hat er sich das Notenschreiben beigebracht und seither über 130 Werke komponiert, für Ensembles bis hin zum Orchester. Er lebt vom Verkauf seiner Partituren, die an amerikanischen Musikschulen sehr gefragt sind. In seiner Academy verzichtet er auf Notation. Die Teilnehmenden sollen auch nicht den Takt mitzählen. Sie sollen lernen, spontan zu reagieren.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2015.