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Spiekermann, Reinhild

Zum Scheitern verurteilt?

Survivaltraining für Schwervermittelbare: 12 Kompetenzen für Hochschulabsolventen mit Hauptfach Klavier

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 4/2015 , Seite 12

Hochschulabsolventen mit Hauptfach Klavier haben so gut wie keine Chance mehr auf eine feste, hauptberufliche Anstellung an einer Musikschule, sind in diesem Sinne also fast nicht vermittelbar. Welche Kompetenzen benötigt man, um in einem “vom Aussterben bedrohten” Beruf dennoch Fuß zu fassen?

Prolog

Eigentlich war eine ganz normale Studienfahrt der Detmolder Klavierpädagogikstudierenden an die Ionische Universität Korfu geplant: fachdidaktischer Diskurs mit den griechischen Kolleginnen und Kollegen, „länderübergreifende“ Proben vier- bis achthändiger Literatur für ein oder zwei Klaviere (mit krönendem Abschlusskonzert), gemeinsame Workshops sowie Vorträge zu aktuellen Themen der Instrumentalpädagogik, garniert mit einer Portion Landeskunde und Historie. Die Reisegruppe war international besetzt und bildete wie ein Mikrokosmos die derzeit unter Detmolder Studierenden vertretenen Nationalitäten ab. Homogen war die Gruppe vor allem durch das Merkmal: „Wir studieren alle Instrumentalpädagogik“ – wenngleich hinsichtlich Biografie, Sozialisierung und Stu­dienmodus größere Unterschiede vorlagen. Neben reinen Klavierstudierenden waren etliche in zwei Studiengängen (z. B. Klavier und EMP oder Klavier und Theorie/Gehörbildung) eingeschrieben oder belegten das umfangreiche Wahlfach EMP. Der immer wieder er­tönende Ruf nach notwendiger Doppelqualifikation war an ihnen also nicht spurlos vorübergegangen.
Auch wenn die fachlichen Ziele bei einer so aufwändigen Exkursion im Vordergrund stehen, gilt es doch auch, Kohärenz zu stiften: einerseits innerhalb der bestehenden Seminargruppe, andererseits aber auch als An­gebot an den Einzelnen für eine Kohärenz „nach innen“, also als ein persönlichkeitsentwickelndes Angebot.
Die Exkursion führte uns schließlich im Oktober 2014 aus dem grauen Detmold ins wolkenlose Griechenland. Bei extrem eng getaktetem Arbeitsplan gab es zwischendurch immer wieder Zeit, mit Einzelnen oder Kleingruppen ins Gespräch zu kommen. Diese Gespräche hatten durchweg eine andere Qualität als Gespräche im normalen Hochschulkontext: Vielfältigste Sorgen wurden artikuliert, Fragen und Nachdenken wechselten einander ab. Zentraler Aspekt war die konkrete berufliche Zukunft und Angst vor einem möglichen Scheitern: „Bekomme ich eine Stelle? Gelingt es mir vielleicht, an eine Hochschule zu kommen? Will ich überhaupt an einer Ins­titution arbeiten? Was bedeutet im Umkehrschluss eine freiberufliche Existenz?“ Durchkreuzt wurden diese Fragen von Assoziationen zu persönlichen Lebensentwürfen: „Eigentlich möchte ich gern Familie haben. Wie kann ich das vereinbaren? Am besten studiere ich jetzt aber erst einmal weiter, das kann ich ja auch noch später, nach meinem Master, in Angriff nehmen.“ Frauen und Karriere, späte Mutterschaft oder Kinderlosigkeit – nichts wurde thematisch ausgelassen. Oder: „Ich weiß eigentlich gar nicht, ob ich das immer machen möchte, Klavier spielen, unterrichten. Ich glaube, ich mache etwas ganz anderes.“

Vollständiger Artikel

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