Bugert, Thomas
Zusammenspiel und Interaktion in Bands
Mit Technik, Virtuosität und neuen Phrasen und Akkorden beschäftigt sich fast jeder ambitionierte Musiker. Im Zusammenspiel mit anderen stellt man dann aber oft fest, dass viele der zuhause eingeübten Inhalte gar nicht die Wirkung entfalten, die man möchte. Wichtiger als das eigene Instrument ist die Zusammenarbeit mit der ganzen Band und das gegenseitige Ergänzen. An diesem Punkt setzt Thomas Bugerts Buch an.
Bugert vergleicht Musik mit Sprache und erklärt sehr gelungen, warum gute MusikerInnen besser mit anderen zusammenspielen als unerfahrene AnfängerInnen. Seine Definition von „Band“ ist etwas altmodisch und orientiert sich begrifflich am New-Orleans-Jazz der 1930er Jahre. Das lässt sich sicher auch auf modernere Bandkonzepte übertragen, dürfte aber für Nichtjazzmusiker ein leichtes Einstiegshindernis sein. Um als Pop- und RockmusikerIn von diesem Buch zu profitieren, ist ein grundlegendes Verständnis von Jazz nötig. Hat man das nicht, wird es stellenweise schwierig. Andererseits ist die Erweiterung der eigenen Stilkenntnis noch nie ein Fehler gewesen.
Zuerst werden die Instrumente und ihre Funktionen im Bandzusammenhang dargestellt. Neben klaren und deutlichen Beispielen, was Bass, Drums, Gitarre, Bläser und Piano in einer Jazzband tun, gibt es auch eher philosophisch-blumige Anregungen: „Man sucht nach stärkeren Kontrasten zwischen Konsonanz und Dissonanz, nimmt in der Interaktion mit den anderen Musizierenden größere Risiken ein, um sowohl rhythmisch als auch harmonisch eine interessante und spannende Balance zwischen musikalischer Ambivalenz und Klarheit zu erzeugen.“ Das klingt mehr nach Feuilleton als nach Rock’n’Roll, hat aber nach kurzem Nachdenken durchaus spannende Aspekte.
Nach der theoretischen Einführung wird es konkreter. Bugert stellt verschiedene Song-Formen vor und wie sie angewendet werden. Anhand selbst geschriebener Stücke präsentiert er diverse Übungen, wie in der Band die Form klarer gemacht werden kann, z. B. durch Groovewechsel, Markieren durch Riffs, Dynamik und Breaks. Auch auf das Zuhören und optische Signale in einer Band wird eingegangen. Zudem gibt es Beispiele, wie Konzepte wie Four Four (Abwechseln von Band und Drumfills) über bestimmte Formen funktionieren.
Weitere Themen sind verschiedene Arten der Begleitung (mit festen Phrasen oder improvisiert) und die Motivimprovisation mehrerer Bandmitglieder durch Nachspielen, Variieren und Erzeugen von Kontrasten. Auch auf die Verzahnung in einer Band, wie sich Instrumente ergänzen und ineinandergreifen, geht Bugert gut verständlich ein.
Ambitionierte MusikerInnen findet viele nützliche Ideen und Anregungen in diesem Buch. Wünschenswert wäre eine Erweiterung auf den Pop/Rock-Bereich, damit eine größere Gruppe an MusikerInnen von diesem gelungenen Werk profitieren kann.
Martin Schmidt