Lang, Frauke
Zwischen Gießkannenprinzip und Willkür
Leistungsorientierte Bezahlung an Musikschulen – ein Thema mit Zündstoff
Bereits seit einigen Jahren bereitet die Einführung der „leistungsorientierten Bezahlung“ Musikschulleitungen und Lehrkräften einiges an Kopfzerbrechen. An manchen Musikschulen wird das Verfahren mit Erfolg angewendet, andere flüchten sich in undefinierte kleinere Bonuszahlungen, an wieder anderen wird das Thema kaum diskutiert.
„Der Beruf des Musikschullehrers in Deutschland lohnt sich eigentlich nicht!“, gibt Anselm Ernst, Professor für Musikpädagogik an der Musikhochschule Freiburg im Ruhestand, zu bedenken. Im Vergleich zu Österreich und der Schweiz, wo die qualifizierte Ausbildung mit dem Grundschullehrer-Gehalt vergütet werde, seien die deutschen Instrumentallehrer viel zu niedrig bezahlt. Es gebe keine Aufstiegsmöglichkeiten – wozu also solle man sich als Instrumentallehrer anstrengen, „bei der grausamen Bezahlung“?
In diesem Sinne scheint das mit der Einführung des TVöD 2005 eingeführte Konzept der leistungsorientierten Bezahlung ein grundsätzliches Problem aufzugreifen. Man begegnete der jahrelang währenden Klage, dass es dem öffentlichen Dienst an Leistungsorientierung fehle. Dem Dienst nach Vorschrift sollte endlich der Garaus gemacht werden. Wie sieht jedoch die Realität aus? Lässt sich ein Musikschulbetrieb tatsächlich in messbare Qualitätsparameter zerlegen?
„Das ist ein bürokratischer Aufwand, der Musikschulen unnötig belastet“, urteilt Ernst, „ein großer Aufwand, der viel Zeit- und Energieeinsatz benötigt – mit fraglichem Erfolg!“ „Auf jeden Fall ist das Konzept überaus sinnvoll und auch in Musikschulen zu realisieren“, meint hingegen Armin Augat, Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbands (KAV) Bayern und Vorstandsmitglied des Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM), „vorausgesetzt, es wird richtig eingeführt und intelligent angewandt. Das System funktioniert für alle, aber die individuelle Umsetzung liegt in der Verantwortung der einzelnen Institutionen, die Schwerpunkte in den für sie wichtigen Bereichen setzen können.“
Hört man sich im Kreis der MusikschullehrerInnen um, werden beide Ansichten vertreten – häufig begegnet man jedoch deutlicher Ablehnung. Immer wieder bemängeln die Lehrkräfte die Schwierigkeiten der Kriterienwahl: Die Diskussion zieht ein Gefühl von Konkurrenzförderung nach sich, die Kriterien werden als einseitig und zu wenig differenziert empfunden. Kein Wunder, findet Augat, erfordere das System doch auf jeden Fall ein Umdenken und kooperativen Einsatz von Musikschulleitung wie Lehrkräften.
Lässt sich ein Musikschulbetrieb tatsächlich in messbare Qualitätsparameter zerlegen?
„Ich erlebe dieses Thema eigentlich gar nicht“, äußert sich ein Lehrer und scheint damit kein Einzelfall zu sein. „Es gibt diffuse Meinungen über den Stand der Diskussion. Die aktiven Kollegen sind generell eher dafür, von grundsätzlich zurückhaltend agierenden habe ich noch keine Meinung gehört.“ Die Materie scheint auf den ersten Blick (zu) wenig transparent. Laut Augat gibt es in Wirklichkeit genug Transparenz: Wer dies wolle, könne sich problemlos informieren beim VdM, VBSM oder auch bei den kommunalen Arbeitgeberverbänden.
Leistungsorientierte Bezahlung – wie und wozu?
„Die leistungs- und/oder erfolgsorientierte Bezahlung soll dazu beitragen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Zugleich sollen Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz gestärkt werden“, heißt es in § 18 des TVöD. Bereits seit 2007 sollte das Konzept verbindlich umgesetzt werden. Im Rahmen der Personalkosten muss ein Zusatzbudget eingeplant werden, aus dem besondere Leistungen entlohnt werden können. In Musikschulen ist das Volumen mit derzeit 1,25 Prozent des Gesamtvolumens der Personalkosten des vergangenen Jahres gering, aber es steigert sich. Ziel sind acht Prozent, denen man sich jährlich in 0,25-prozentigen Schritten annähert. „Mit einem so geringen Volumen wird die tatsächliche Leistung natürlich noch nicht ausreichend materiell aufgewertet“, gibt Augat zu, „aber sie dient schon einmal als Anreiz.“
Das Budget ist also so eingeschränkt, dass es kaum als angemessene Entlohnung verstanden werden kann. Auch hierzu hat manch ein Lehrer eine deutliche Meinung: „Die Höhe des so genannten Leistungsentgelts ist so lächerlich gering, dass sie an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist! Sie ersetzt bei Weitem nicht die realen Gehaltskürzungen um zehn und mehr Prozent, die die meisten älteren Kolleginnen und Kollegen aufgrund des Ferienüberhangs und den damit in Zusammenhang stehenden Regelungen in den letzten Jahrzehnten hinnehmen mussten!“
Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2010.