Jugendorchester des Musikvereins Alme

Vogt, Christin

Zwischen Ouvertüre, Polka und Freizeitpark

Wie Musikvereine die Dorfjugend zum Klingen bringen

Rubrik: Musikleben
erschienen in: üben & musizieren 4/2020 , Seite 36

Welche Bedeutung hat das Musizieren in Musikvereinen in und für ländliche Räume? Welche Herausforderungen müssen Musikvereine bewältigen und welche Strategien haben sie dafür entwickelt?

Das Dorf Alme liegt am Rand des Hochsauerlands mit einer Siedlungsdichte von etwa 140 Einwohnern pro Quadratkilometer. Die größten Ballungsgebiete in der näheren Umgebung sind die mittelgroßen Städte Brilon, Olsberg und Büren sowie die Großstadt Paderborn, welche jedoch bereits 40 Kilometer entfernt ist. Neben viel Wald und Bergen gibt es im Sauerland auch viel Musik. Eine Gemeinde ohne einen eigenen Musikverein ist eine Seltenheit. Die Musik spielt eine große Rolle, sei es zu traditionellen Schützenfesten, Dorffesten oder zu kirchlichen Anlässen.
Musikvereinsarbeit bedeutet aber neben der musikalischen Gestaltung von Veranstaltungen insbesondere die Akquise und Ausbildung junger MusikerInnen. Der Musikverein Alme hat mit 30 aktiven Mitgliedern im Hauptorchester und fast genauso vielen musizierenden Kindern und Jugendlichen im Jugendorchester bereits eine beachtliche Zahl an musikalischem Nachwuchs, wenn man bedenkt, dass Alme mit seinen 1800 Einwohnerinnen und Einwohnern unter anderem einen Sportverein, zwei Schützenvereine und einen Tennisclub hat.
Durch die traditionelle Einbindung der Musikvereine in die Dorfgemeinschaft kann es im Vergleich zu urbanen Räumen manchmal einfacher sein, Nachwuchs zu gewinnen. Zudem ist die Konkurrenz an kulturellen Angeboten und Einrichtungen der musikalischen Bildung im Vergleich deutlich geringer.
Die Arbeit der Musikvereine ist aber auch unentbehrlich für die musikalische Bildung im ländlichen Raum, denn die Wege zu den Angeboten größerer Städte sind weit. Darüber hinaus fehlt es oft an Informationen, da kulturelle Angebote aus anderen Landkreisen nicht immer in der örtlichen Presse beworben werden. Es erfordert also ein hohes Maß an Eigeninitiative, sich kulturelle Angebote herauszusuchen und daran zu partizipieren.

Zusammenarbeit mit der Schule

Um junge Menschen für die Musik zu begeistern und ihnen einen Zugang zur Musik zu ermöglichen, setzt der Musikverein Alme auf Kooperationen mit der ortseigenen Grundschule. Im Rahmen einer Bläserklasse können die SchülerInnen ein traditionelles Musikinstrument eines Blasorchesters auswählen und erlernen. Die Ins­trumente können mithilfe von Mietkaufverträgen bei einem Musikalienhändler erworben werden. Der Unterricht auf allen Instrumenten wird während der Schulzeit von einer Lehrperson erteilt, die der Musikverein stellt. Zudem wird diese Lehrkraft durch ein ehrenamtliches Mitglied des Vereins unterstützt, das den Kindern bei Anfangsschwierigkeiten hilft.
Die Kooperation mit der Schule ist nicht nur für den Musikverein, sondern auch für interessierte Kinder und Eltern attraktiv. Alternativ müssten die Eltern ihre musikbegeisterten Kinder nach der Schule zu einer der wenigen Musikschulen im Umkreis fahren. Die Bläserklasse des Musikvereins ermöglicht damit allen Kindern einen ersten musikalischen Kontakt im geschützten Raum der Grundschule und kann auf diese Weise Türöffner für „musikferne“ Familien sein. Spielt der beste Freund oder die beste Freundin in der Bläserklasse mit, ist das oft Grund genug, auch selbst ein Instrument zu erlernen und im Musikverein aktiv zu sein. Hierdurch entstehen Synergieeffekte, die im Verein deutlich spürbar sind. Und da sich die örtliche Grundschule in einem Schulverbund befindet, können auch andere Vereine benachbarter Dörfer ihren Nutzen aus einer Bläserklasse ziehen.

„Der Mix aus musikalischer Früherziehung addiert mit dem grundlegenden Kennenlernen eines Holz- oder Blechblasinstruments ist ein sehr wichtiger Schritt, um auf einfachste Art und Weise den Kindern einen ersten Zugang zu Blasmusik zu erschließen. Wirklich faszinierend ist dabei, dass man schon nach wenigen Wochen durch das gemeinsame Musizieren in einer Bläserklasse gut hörbare Erfolge erzielt.“ (Frank Lahme, Dirigent Musikverein Hoppecke)

Mit einem solchen Programm bietet der Musikverein Alme, genau wie viele andere Musikvereine in ländlicher Umgebung, eine gute und für die Zielgruppe einfach zu organisierende Einstiegsmöglichkeit für junge Menschen, um in Kontakt mit „handgemachter“ Musik zu kommen. So haben die Kinder die Chance, sich in der Gemeinschaft des Vereins wohlzufühlen, Musik für sich zu entdecken und gegebenenfalls sogar eine Leidenschaft für die Musik zu entwickeln, welche sie zu einem musikalischen Beruf bzw. einem Musikstudium führen kann. Eine über die Grundschulkooperation hinausgehende Zusammenarbeit mit den weiterführenden Schulen wäre wünschenswert, um den Kindern auch weiterhin ortsnahen Unterricht im schulischen Setting anzubieten und weiteren Nachwuchs zu gewinnen.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 4/2020.