Tumler, Margareth / Kruse-Weber, Silke

Challenge Accepted 4.0

Ein Symposium in Graz beleuchtete Herausforderungen im Berufsalltag von Instrumental- und Gesangslehrkräften

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 1/2022 , Seite 49

Im Oktober 2021 fand an der Kunstuniversität Graz (KUG) unter der Leitung von Silke Kruse-Weber bereits zum vierten Mal das Symposium „Challenge Accepted“ statt, in dessen Zentrum die Herausforderungen stehen, mit denen Instrumental- und Gesangslehrende in ihrem Berufsalltag konfrontiert sind. Die Teilnehmenden sollen auf diesen Symposien Gelegenheit bekommen, die Entwicklungen im Berufsfeld der Instrumental- und Gesangspädagogik im Austausch mit KollegInnen zu reflektieren, und Impulse zur Weiterbildung erhalten. Das jüngste Symposium setzte außerdem einen Meilenstein in der Zusammenarbeit der Kunstuniversität mit den Musikschulen der Steiermark. Dazu trafen sich am Vormittag MusikschuldirektorInnen und MentorInnen der Steirischen Musikschulen an der KUG, um sich über die Hospitation von Studierenden in den Musikschulen sowie die Tätigkeit der MentorInnen auszutauschen.
Den offiziellen Teil des Symposiums eröffnete Silke Kruse-Weber zusammen mit Elizabeth Bucura (KUG) mit einem Vortrag über Herausforderungen, Perspektiven und innovative Wege für die Instrumental- und Gesangspädagogik-Ausbildung. Michaela Hahn (mdw) gab Einblick in die Entwicklung der österreichischen Musikschulforschung und würdigte zugleich das Lebenswerk des österreichischen Musikschulforschers Walter Rehorska, der auch selbst zu Wort kam. Eine transdisziplinäre Perspektive bot anschließend der Videobeitrag von Martina Leibovici-Mühlberger (Wien), die als Ärztin und Psychotherapeutin über „Die Bedeutung von Musik für die kindliche Entwicklung“ sprach und ein Plädoyer für die Stärkung der musikalischen Bildung hielt.
Dieses fand seine Fortsetzung in einem Beitrag der Arbeitsgruppe der Musikschule Weiz unter der Leitung ihres Direktors Josef Bratl, die ihre Vision innovativer Musikschularbeit vorstellten und an die Politik appellierten, die dafür nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Präsentation bildete zugleich einen Meilenstein im Wissenstransferprojekt „Reflective Practice in Innovative Music Schools“ (2019-2021), das Teil eines vom Wissenstransferzentrum Süd geförderten Koopera­tionsprojekts mehrerer österreichischer Universitäten und Fachhochschulen zur partizipativen Forschung war. In dessen Rahmen gab es seit Januar 2020 eine intensive Zusammenarbeit zwischen Silke Kruse-Weber und ihrem Team und der Musikschule Weiz unter der Leitung von Josef Bratl.1 In monat­lichen Workshops stand die kollaborative Reflexion des Lehrens und Lernens anhand verschiedener Reflexionstools im Mittelpunkt. Daraus entwickelte sich zusammen mit einer Kerngruppe ein intensiver Prozess, in dem eine eigene Vision für zeitgemäße Musikschularbeit in Österreich erarbeitet wurde. Die Präsentation fand bei den MusikschulkollegInnen großen Anklang und steht auch online unter https://vimeo.com/638613713 zur Verfügung.
Anschließend standen zwei Beiträge von NachwuchswissenschaftlerInnen der KUG auf dem Programm: Magdalena Karner präsentierte erste Ergebnisse aus ihrem Disserta­tionsprojekt zum Berufswahlprozess von IGP-Studierenden2 und Michael Lugitsch referierte über sein abgeschlossenes Disserta­tionsprojekt „Kompetenzen von Instrumental- und Gesangslehrkräften im heutigen Berufsfeld“.3 Den Abschluss des Symposiums bildete schließlich die Premiere des künstlerischen Dokumentarfilms Chamäleons von Fritz Aigner (AVBaby Mediastudios). Chamäleons, inspiriert durch einen Aufsatz von Rineke Smilde (2017)4 und entstanden im Rahmen des ebenfalls vom Wissenstransferzent­rum Süd geförderten Projekts „Lehren lernen in der Instrumental- und Gesangspädagogik“ (2016-2018) unter der Leitung von Silke Kruse-Weber, gibt erstmals einen authentischen Einblick in das Berufsfeld von Instrumental- und GesangspädagogInnen in seiner ganzen Vielfalt und soll zur nachhaltigen Wertschätzung des Berufsstands beitragen.5 Der Film wurde seither in mehreren österreichischen Kinos und im Rahmen der AEC-Preconference 2021 auch vor internationalem Publikum gezeigt.
Die Resonanzen auf das Symposium spiegeln den Titel des Symposiums wider: Wollen Ins­t­rumental- und Gesangslehrkräfte nicht nur auf gesellschaftspolitische Entwicklungen reagieren, sondern sie aktiv mitgestalten, gilt es, die damit verbundenen Herausforderungen anzunehmen – ganz im Sinne von „Challenge Accepted“!

1 vgl. Silke Kruse-Weber/Margareth Tumler: „Kollaborative Reflexion mit Lehrenden der Instrumental- und Gesangspädagogik im Hochschulkontext. Das Wissenstransferprojekt ‚Lehren lernen in der Instrumental- und Gesangspädagogik‘ an der Kunstuniversität Graz“, in: Malik Sharif/Kendra Stepputat (Hg.): Understanding Musics: Festschrift on the Occasion of Gerd Grupe’s 65th Birthday, Düren 2020, S. 441-455; Margareth Tumler/Silke Kruse-Weber: „Kollaborative Reflexion instrumental- und gesangspädagogischen Lernens und Lehrens an der Musikhochschule – das Netzwerk IGP an der Kunstuniversität Graz“, in: Maria Waloschek/Constanze Gruhle (Hg.): Die Kunst der Lehre. Ein Praxishandbuch für Lehrende an Musikhochschulen, Münster 2021, S. 545-548 (im Druck).
2 vgl. Magdalena Karner: „Back-up oder Künstler PLUS? Der Berufswahlprozess bei Studierenden der Instrumental- und Gesangspädagogik“, in: üben & musizieren 5/2020, S. 56-58.
3 vgl. Michael Lugitsch: Kompetenzen von Instrumental- und Gesangslehrenden im heutigen Berufsfeld (= Grazer Schriften zur Instrumental- und Gesangspäda­gogik 1), Münster 2021.
4 Rineke Smilde: „Wie ein Chamäleon! Musikerinnen und Musiker müssen sich heute flexibel den unterschiedlichsten Herausforderungen stellen“, in: üben & musizieren 2/2017, S. 6-10.
5 weitere Informationen unter www.chamaeleons-film.at (Stand: 24.11.2021).

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